Griechenland wurde in die Krise gestoßen

25. Januar 2015

Leserbrief zu Interview mit Michael Hüther „Das wäre Hirakiri“ vom 31.12.2014(Schrobenhausener Zeitung)u. zu „Baustelle Griechenland“(gleiche Ausgabe)

Es ist unbestritten, dass in Griechenland Reformbedarf herrscht ,aber das kann nicht die Begründung sein unter Anwendung neoliberaler Wirtschaftsgrundsätze ein Land stärker und tiefer als nötig in die Krise zu stoßen und breite Massen der Bevölkerung verelenden zu lassen .Noch nie war die Selbstmordrate in Griechenland so hoch wie seit Beginn der von der Troika verordneten Reformen. Noch nie zuvor haben Frauen in einem EU Land ihre Kinder zu“ SOS Kinderdörfern“ gegeben, weil sie sie nicht mehr ernähren können .Und dies ist nur ein trauriges Detail eines rigorosen Sparkurses, der es mit sich bringt, Sozialleistungen u. Renten abzuschaffen oder drastisch zu kürzen. Nun pflegen neoliberale Ökonomen an dieser Stelle einzuwenden, dass dies die bedauerlichen Nebenwirkungen der Reformen seien. Wer so argumentiert, der muss erklären, wie Binnenwachstum entstehen soll, wenn den Menschen selbst das Geld fehlt, um Grundbedürfnisse zu decken. Die gleichen Wirtschaftswissenschaftler übersehen oder verschweigen geflissentlich, dass sie 2009 bei der Euro-Krise in der Bundesrepublik zu anderem geraten haben. Damals legte die Bundesregierung übereinstimmend mit den professoralen Spitzen der Volkswirtschaftslehre Konjunkturprogramme auf, um Massenarbeitslosigkeit zu verhindern. Die Abwrackprämie als ein Beispiel wird vielen noch in Erinnerung sein. Flankiert wurde das Ganze durch Ausweitung des Bezugs von Kurzarbeitergeld. Wie wir heute wissen, kam die Bundesrepublik so schneller aus der Krise als manch anderes Land. Griechenland u. anderen Ländern Südeuropas wird das Gegenteil, nämlich ein eiserner Sparkurs, verordnet. Das nenne ich Wasser predigen und Wein trinken. Dabei muss man nicht in Volkswirtschaft habilitiert sein, um zu erkennen, dass dies nicht die Lösung sein kann. Auch Präsident Roosevelt hat in der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre mit Beschäftigungsprogrammen und anderen Maßnahmen erfolgreich die Krise bewältigt, während die drastischen Sparprogramme der Regierung Brüning in Deutschland die Massenarbeitslosigkeit nach oben schnellen ließen und so den Nazis ein Bärendienst erwiesen wurde. Um nicht missverstanden zu werden, Griechenland benötigt strukturelle Reformen. Der aufgeblähte öffentliche Dienst muss verringert u. effizienter gestaltet werden, um nur ein Beispiel zu nennen, aber sinn- u.- hirnloses Sparen hilft nichts und verlängert unnötig menschliches Leid. Die unbestritten notwendigen Anpassungsprozesse benötigen Zeit. Den Menschen muss Zeit gegeben werden, sich auf die neuen Verhältnisse einzustellen. Stattdessen wird in der veröffentlichen Meinung u. in der Politik das Klischee des faulen Südländers gepflegt, der sich vom Norden Europas aushalten lässt. Sicherlich bestehende Beispiele für Missbrauch, Vetternwirtschaft und Schlendrian werden zur Regel gemacht, um sozialen Kahlschlag zu rechtfertigen. Spricht man Ökonomen wie Hürth oder Prof. Sinn aus München ,um nur zwei namhafte Vertreter der Zunft zu nennen, darauf an, erntet man bestenfalls ein Achselzucken, was angesichts deren Pensionsansprüche einen auch nicht weiter verwundert.

Wolfgang Murr, Schrobenhausen

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